Leipzig | Eine Stadt im Wandel
Eine Stadt befindet sich im stetigen Wandel. Fassaden, Versorgungseinrichtungen und die Infrastruktur werden dauerhaft ausgebaut bzw. verändert. Neben gewerblichen Einrichtungen und Institutionen kommt es darüber hinaus auch zu Fluktuationsprozessen in der Bevölkerung. Bedingt werden diese Prozesse zum Teil durch Gentrifizierungsprozesse, welche Einfluss auf die soziale und materielle Ebene einer Stadt haben. In diesem Podcast befassen sich vier Studenten der FriedrichSchiller-Universität mit dem Thema der Gentrifizierung und der lokalen Ökonomie in Bezug auf die Stadt Leipzig. Dabei wird ebenfalls analysiert, welche Rolle der Tourismus, die Segegration oder die Daseinsgrundfunktionen in dieser Wandlungsform der Stadtgeographie einnehmen und wie ausgeprägt diese im Leipziger Stadtteil Schleußig sind.
Der Podcast sowie die nachfolgenden ShowNotes wurden Hannes Aisch, Jonathan Keil, Jonas Ortlepp und Kai Hoch in Eigenarbeit im Rahmen einer Lehrveranstaltung zu sozialempirischen Arbeitsmethoden in der Humangeographie erstellt.
The long read
Leipzig, Universitäts- und Messestadt, die größte Stadt in Sachsen und die zweitgrößte in Ostdeutschland, befindet sich in einem stetigen Wandel und einer stetigen Entwicklung. In diesem Podcast soll die Forschungsfrage „Inwiefern sich die demographische Entwicklung seit 2012 sowie der damit zusammenhängende Wandel der Stadtentwicklung Leipzigs auf das Verhalten und die Zufriedenheit der Bevölkerung im Stadtteil Schleußig auswirkt?“ beantwortet werden. Warum seit 2012? Weil in diesem Zeitraum städtische Veränderungen besser zu beobachten und analysieren sind, um somit Rückschlüsse auf mögliche Gentrifizierungsprozesse ziehen zu können. Bei der Beantwortung der Forschungsfrage wird besonderes Augenmerk auf die Teilaspekte der Gentrifizierung, Tourismus, lokale Ökonomien und Daseinsgrundfunktionen gelegt.
Zum Einstieg in die Thematik wird ein Blick auf die allgemeine Entwicklung Leipzigs geschaut. Im zweiten Teil geht es dann spezifisch um die Charakterisierung und Entwicklung des Stadtteil Schleußigs, welcher in dieser Forschung als Untersuchungsgegenstand fungiert. Des Weiteren wird im dritten Schritt die Wahrnehmungen und Veränderungen Schleußigs untersucht, wozu insbesondere Befragungen und Interviews im Feld in Betracht gezogen werden. Hierbei spielen das 4-Phasen-Modell der Gentrifizierung und das Modell der 15-Minuten-Stadt bei der Auswertung eine essentielle Rolle. Die Grundlagen des Podcasts sind die gesammelten Daten von der Kartierung und der Befragung, die im Rahmen einer Exkursion der Friedrich-Schiller-Universität Jena gesammelt wurden. Zusätzlich werden Experteninterviews, die im Laufe des Forschungsprozess gehalten wurden, bei der Auswertung berücksichtigt.
Die Graphiken zu den Show-Notes finden Sie hier zum Download.
Entwicklung der Stadt Leipzig
Leipzig zeichnet sich in den letzten zehn Jahren durch ein Bevölkerungswachstum von 16,9 % aus. Im Jahre
2012 lebten noch 520.838 Einwohner in der Stadt, wohingegen im März 2022 608.651 Einwohner verzeichnet werden konnten. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen ist seit 2012 leicht gesunken, wobei Leipzig minimal mehr weibliche Einwohner hat. Des Weiteren ist zu erkennen, dass sich der Anteil ausländischer Einwohner an der Leipziger Stadtbevölkerung seit 2012 mehr als verdoppelt hat (2012: 4,9 %; März 2022; 11,7 %). Dies ergibt ein positives Wanderungssaldo, welches sich in den letzten Jahren fast geviertelt hat (2012: 11.669; 2021 4.049). Zu erwähnen ist hier das Jahr 2015 mit einem Peak von 16.669.
Leipzig ist mit Dresden die touristenreichste Stadt Sachsens. Von 2012 bis 2019 stieg die Zahl der Ankünfte um ca. 600.000, auf 1,3 Millionen. Bis durch Corona die Zahlen im Jahre 2021 auf 948.014 Ankünfte sanken. Besonders auffällig hierbei ist, dass 2012 85,6 % der Ankünfte nationale Touristen sind. 2021 waren es sogar ca. 90 % nationale Ankünfte, was eine Folge der Coronabeschränkungen sein könnte. Internationale Touristen bleiben aber 2021 mit durchschnittlichen 2,7 Tagen pro Aufenthalt 0,6 Tage länger in Leipzig als nationale Touristen.
Auch in Folge des Bevölkerungszuwachs und dem Anstieg der touristische Nachfrage lassen sich Veränderungen in den Grundmietpreisen der Leipziger Wohnungen erkennen. Von 2012 bis 2021 gab es eine Grundmietpreiserhöhung um 25,6 % (von 5,15€ auf 6,47€ pro m²). Die monatliche Gesamtmiete, welche sich aus Kaltmiete und den Betriebskosten zusammensetzt, hat sich in den letzten elf Jahren um knapp 20% erhöht (von 7,20 auf 8,67€)
Charakter des Stadtteils Schleußig
Im Stadtteil Schleußig lebten im vergangenen Jahr nach offiziellen Angaben 12 683 Menschen auf insgesamt 2,11 km². Dies entspricht etwa 6000 Personen pro Quadratkilometer, was im Vergleich zu den benachbarten Stadtteilen (Plagwitz, Südvorstadt, Zentrum-Süd) etwas geringer ist. Eine Ursache dafür ist der hohe Anteil an Erholungsflächen in dem Stadtteil, welche rund 1,1 km² ausmachen. Durch den Clara-Zetkin-Park verfügt man hierbei über eine bedeutungsvolle und viel besuchte Parkanlage in Leipzig. Fast 60% der Gesamtfläche wird von Erholungs-, Wald-, Wasser- und Landwirtschaftsflächen eingenommen, die restliche Fläche setzt sich zum größten Teil aus Bauwohn- und Verkehrsfläche zusammen.
Das Durchschnittsalter in Schleußig lag 2021 bei 37,2 Jahren, was etwa fünf Jahre jünger ist als der Leipziger Gesamtdurchschnitt. Das spiegelt sich auch in den Haupteinnahmequellen der Einwohner wider: 73% beziehen Erwerbseinkommen (Gesamtleipzig: 62%) und 17% erhalten eine Pension oder Rente (Gesamtleipzig: 28%). Der hohe Anteil an Erwerbstätigen ist wahrscheinlich auch ein Grund dafür, dass das mediane Nettoeinkommen mit 1900€ pro Person um ca. 300 Euro höher liegt als in der gesamten Stadt Leipzig. Die meisten Geschäfte und Unternehmen, welche in Schleußig ansässig sind, lassen sich aufgrund ihrer sozialen Verankerung zur lokalen Ökonomie nach Henn und Behling zuordnen (Henn u. Behling 2020: 19ff.). Von den 986 Firmen im Jahr 2021 waren die meisten im Bereich Dienstleistung, Informations- und Kommunikation tätig. Handel, Instandsetzung und Reparatur von Kraftfahrzeugen ist mit 160 gemeldeten Firmen ebenso ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor in Schleußig (statistik.leipzig.de). Auffällig im diesem Stadtteil ist, dass nur wenige überregionale Ketten in den Straßen vertreten sind, von denen bei der Kartierungen nur sechs erfasst wurden.
Entwicklung des Stadtteils Schleußig
Die Bevölkerungsstruktur setzt sich aus verschiedenen Dimensionen zusammen und muss je nach Fragestellung oder Untersuchungsdesign individuell betrachtet werden (Niephaus 2012, 167). Der Fokus liegt hierbei auf der Einwohnerzahl, Altersstruktur (Schipfer 2005, 4) und dem Migrationshintergrund. Bei der Verdrängung handelt es sich um einen Prozess, wobei Haushalte gezwungen sind, aufgrund von veränderten Umständen ihren Wohnsitz zu verlassen (Helbrecht 2016, 20f.).
Im Jahre 2021 lebten 12 683 Bewohner im Stadtteil Schleußig, im Jahre 2012 waren es noch 12 463. Somit wird ein Bevölkerungszuwachs von 1,77% verzeichnet. Zusätzlich wird im Anhang 1 sichtbar, dass sich die Verteilung der Geschlechteranteile nur minimal in diesem Stadtteil verändert hat. Die weibliche Bevölkerung liegt 2021 bei 6491 Einwohner, 0,99% mehr als 2012. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Anteil der Männer um 2,59% auf insgesamt 6192 Personen. Somit gibt es keine auffälligen, numerischen Unterschiede zwischen den Geschlechterverhältnissen. Es wird zwar ein leichter Zuwachs der Bevölkerung im Zeitraum von 2012 bis 2021 verzeichnet, allerdings nimmt die Bevölkerung im Vergleich zum Jahre 2020 ab. Das Wanderungssaldo sinkt von einem minimal positiven Wert, im Jahre 2020, auf -217 Personen im Jahre 2021 ab, was ein mögliches Indiz für eventuelle Verdrängungsprozesse darstellen kann. Zudem liegt die Kaltmiete im Jahre 2021 durchschnittlich bei 7,31€ pro Quadratmeter in Schleußig, 0,84€ höher der durchschnittliche Mietpreis pro Quadratmeter von Gesamt Leipzig. 2013 waren es noch 5,66€ je Quadratmeter. Das entspricht einem Preisanstieg von 29,15% und könnte ein Indikator für die erhöhten Abwanderungen sein (Helbrecht 2016, 22).
Veränderungen der Anteile von Migranten und Ausländern in Schleußig sind nur geringfügig (siehe Anhang 2). Es kam zwar zu Anstiegen des Migrations- und Ausländeranteils, jedoch hat sich die Grundstruktur der Bevölkerung nicht verändert.
Versorgung der Bevölkerung Schleußigs
Die 15-Minuten-Stadt ist ein Planungsmodell, bei der die Bevölkerung die Möglichkeit besitzen sollte, die Bedürfnisse des täglichen Lebens mit einem maximalen Aufwand von 15 Minuten mit dem Fahrrad oder fußläufig befriedigen zu können (Pozoukidou, Chatziyiannaki 2021, 3). Ziel dahinter ist die Stärkung der nachbarschaftlichen Gemeinschaft, wodurch vor allem die allgemeine Lebensqualität verbessert werden soll (Blaschke 2022, 2f.).
Die Daseinsgrundfunktionen, stammend von der Münchner Schule für Sozialgeographie, sind „relevante, grundlegende menschliche Bedürfnisse und stellen somit Ansprüche an den jeweiligen Lebensraum des Menschen“ (Bölinger, Gerstlauer 2022, 65) und umfasst folglich die Schwerpunkte: Bildung, Ver- und Entsorgung, Arbeiten, Wohnen, sich erholen, sowie Kommunikation und Verkehr.
Das Wohnungsangebot wurde von den Befragten als mittelmäßig eingestuft. Einerseits könnte das mit der Anzahl der Wohnungen zusammenhängen, die laut der Stadt Leipzig 2019 rund 30 Wohnungen pro Hektar beträgt. Der benachbarte Stadtteil Plagwitz hingegen, verfügt über 50 Wohnungen je Hektar. Andererseits könnte diese Auffassung nach Einschätzung der Bevölkerung mit dem Anstieg der Wohnungsmieten verbunden sein, was bereits in Abschnitt 9 erläutert wurde. Unterstrichen wird das von der Meinung der Probanden, die angeben, dass die Mieten in den letzten fünf Jahren eher gestiegen sind. Des Weiteren wurde im Verlauf der Forschung ein Teil der Könneritzstraße kartiert und analysiert, die sich im Stadtteil Schleußig befindet. In diesem Abschnitt sind insgesamt 26 Einzelhandelsgeschäfte vorhanden, wovon ca. 23% Lebensmittelgeschäfte ausmachen. In einem vergleichbaren Abschnitt im Stadtteil Zentrum-West sind insgesamt 17 Geschäfte des Einzelhandels vorzufinden. Zusätzlich wurden 38 Dienstleistungsbetriebe, wozu beispielsweise Banken und Versicherungen zählen, und 16 Gastronomiebetriebe kartiert. Von der befragten Bevölkerung wurde angegeben, dass sie sich nicht für Waren des täglichen Bedarfs aus dem Stadtteil entfernen müssen. Trotzdem befinden sich alternative Einkaufsmöglichkeiten im gut erreichbaren Zentrum und im Stadtteil Plagwitz. Allerdings wurde im Verlauf der Interviews von einem Großteil der Probanden deutlich gemacht, dass es nur ein geringes Angebot an medizinischen Einrichtungen in Schleußig gibt. Das wird insofern deutlich, dass nur 30% von den zehn Befragten sich in diesem Stadtteil medizinisch versorgen lassen.
Anders gestaltet sich die Wahrnehmung der Bevölkerung gegenüber den Erholungsmöglichkeiten. Sowohl die Bewohner als auch die Besucher im Stadtteil Schleußig bewerten die Erholungsmöglichkeiten als positiv. Auf die folgenden Fragen wurde durchschnittlich mit zufrieden oder sehr zufrieden geantwortet (fünf Antwortmöglichkeiten insgesamt):
- Ich fühle mich auf den Grünflächen des Stadtteils sehr wohl.
- In diesem Stadtteil gibt es ausreichend Erholungsmöglichkeiten (zB. Sitzmöglichkeiten, Parks, Spazierwege)
- Die Grünflächen in diesem Stadtteil sind sehr gepflegt und ordentlich.
Die hohe Zufriedenheit mit den örtlichen Grünflächen und Erholungsmöglichkeiten lässt sich auf den Clara-Zetkin-Park zurückführen, welcher etwa 54% des Stadtteils einnimmt. Dies ist deutlich höher im Vergleich zu den benachbarten Stadtteilen, wie etwa der Südvorstadt (23%) oder dem Stadtteil Plagwitz (3,5%). Viele der befragten Passanten geben an, den Clara-Zetkin-Park zur Erholung zu nutzen, darunter auch viele Bewohner anderer Stadtteile. Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Großteil der Daseinsgrundfunktionen innerhalb von einem 15-Minuten-Weg befriedigt werden können. Zwar gibt es bezüglich der Mietpreise und der medizinischen Versorgung Ausbaumöglichkeiten, jedoch sind Alternativen im benachbarten Plagwitz vorhanden.
Auswirkungen der Veränderungen auf Schleußig
Die mögliche Veränderung des Verhaltens der Bevölkerung wird im Folgenden charakterisiert und hierfür in drei Oberkategorien eingeteilt. Dazu zählen Erholungsmöglichkeiten, die Versorgungsstruktur und der Tourismus. Aufgrund der Inhalte der Befragung liegt der touristische Auswertungsschwerpunkt bei dem Gastronomiegewerbe und dem Besuchsverhalten von kulturellen Einrichtungen. Der Tourismus ist im Grundsatz Teil des tertiären Sektors und deckt somit das Gastgewerbe mit ab (Bunge 2018, 226f.).
Aus den Daten der Befragung geht hervor, dass im Mittel das Besuchsverhalten von kulturellen Einrichtungen gleichgeblieben ist. Dieselbe Tendenz ist auch bei Gastronomiebetrieben zu erkennen. Zusätzlich gibt eine Person an, vermehrt in den letzten fünf Jahren im Stadtteil Schleußig gastronomische Einrichtungen zu besuchen, wohingegen Zwei von Sechs Personen angeben, dafür andere Stadtteile aufzusuchen. Diese kontinuierlichen Verhaltensmuster spiegeln auch die Wahrnehmung der Bevölkerung gegenüber den Veränderungen der Touristenzahl in diesem Stadtteil wider. Die gleichbleibende Gesamtzahl an Touristen in den letzten fünf Jahren wird von den Befragten neutral bis positiv aufgefasst, was aber aufgrund der geringen Datenmenge mit Vorsicht zu betrachten ist. Aus Experteninterviews im Verlauf des Forschungsprozesses kann man diesbezüglich entnehmen, dass beispielsweise im benachbarten Stadtteil Plagwitz vermehrt Restaurants oder Cafés in den letzten Jahren eröffnet haben. Die daraus resultierende Zunahme der gastronomischen Vielfalt und die damit verbundene Aufwertung des Stadtteils wird, laut Expertin, positiv von der Bevölkerung aufgenommen. Andererseits steht die hiesige Bevölkerung der einhergehenden Mietpreiserhöhungen kritisch gegenüber.
Bezüglich der Veränderungen von der Versorgungsstruktur lassen sich ähnliche Muster wie bereits beim Tourismus erkennen. Das Nutzen von Geschäften des täglichen Bedarfs, vor allem von Lebensmittelgeschäften, hat sich nicht grundlegend in den letzten fünf Jahren verändert. Die Möglichkeiten der Versorgung wurden bei Befragungen der Anwohner positiv wahrgenommen und die meisten der Befragten erledigen ihre Einkäufe der täglichen Versorgung in Schleußig. Dieses Verhalten fand sich auch schon vor fünf Jahren vor. Seit 2012 haben sich allerdings auch neue Lebensmittelgeschäfte angesiedelt, welche beispielsweise mit neuen Konzepten arbeiten und unverpackte Produkte anbieten. Es hat sich auch in Schleußig ein solches Geschäft seit sechs Jahren etabliert. Somit hat sich das Kaufverhalten und die Art der Versorgung, in dieser Hinsicht, zum Teil verändert.
Ähnlich verhält es sich bei der medizinischen Versorgung, allerdings ist die Tendenz leicht steigend. Wie bereits bei Absatz 4 erwähnt wurde, gibt es Disparitäten bei der Nutzung von Lebensmittelgeschäften und medizinischen Einrichtungen im Stadtteil Schleußig. Das spiegeln auch die Antworten der Interviewfrage: „Hat sich die Anzahl von Lebensmittelgeschäften und Dienstleistungsbetrieben (jeweils ohne Ketten) in den letzten fünf Jahren verändert?“ wider. Die Befragten geben jeweils an, dass im Schnitt nur eine minimale Zunahme von Lebensmittelgeschäften in Schleußig zu verzeichnen ist. Diese Entwicklung wird allerdings von der Bevölkerung vorwiegend neutral eingestuft, da vermehrt darauf hingewiesen wurde, dass Alternativen in Reichweite vorhanden sind.
Die Wahrnehmung der Befragten zum Thema Erholungsmöglichkeiten war fast durchweg positiv. 90% der Befragten gaben an, mit der Anzahl der Grünflächen im Stadtteil zufrieden zu sein und 85% stimmten der Aussage zu, dass die örtlichen Grünflächen gepflegt und in einem guten Zustand sind. Im persönlichen Gespräch erwähnten viele der Befragten, den Clara-Zetkin-Park zum Spazieren oder Gassigehen zu nutzen. Dies traf auch auf Bewohner anderer Stadtteile zu, die befragt wurden.
Zusammenfassung und Fazit
Segregationsprozesse innerhalb Schleußigs sind nicht konkret zu erkennen, da die erhobenen Daten für eine genaue Analyse nicht ausreichen. Es scheint eine homogene Bevölkerung zu geben, die größtenteils Deutsch und ohne Kind, im Durchschnitt 37 Jahre alt ist und zu 75% in Ein- bis Zwei-PersonenHaushalten lebt. Zudem gehört Schleußig, aufgrund eines durchschnittlichen Einkommens von 1900€, zu den einkommensstärkeren Stadtteilen Leipzigs. Diese Daten haben sich in den letzten zehn Jahren auch nicht signifikant verändert. Des Weiteren bewertet die befragte Bevölkerung die Gemeinschaftsbildung des Stadtteils als eher positiv. Dieses Gemeinschaftsgefüge, wird laut den Probanden, beispielsweise durch alljährliche Straßenfeste gefestigt. Obwohl sich das Wanderungssaldo seit 2012 ins Negative entwickelt hat, kann hier nicht von einem Verdrängungsprozess gesprochen werden, da dieses im Verhältnis zu gering ist.
Demnach ist Schleußig eher als Teil einer Segregation von ganz Leipzig zu betrachten, in dem sich dort überwiegend die oben beschriebene homogene Bevölkerung angesiedelt hat. Da sich seit 2012 diese Bevölkerungszusammensetzung nicht grundsätzlich verändert hat, hat die demographische Entwicklung und der damit zusammenhängende Wandel der Stadtentwicklung Leipzigs auf das Verhalten und die Zufriedenheit der Bevölkerung in Schleußig im Hinsicht auf die Segregation keine erwähnenswerten Auswirkungen.
Im Absatz 1 wurde bereits erwähnt, dass sich die Anzahl der Ankünften in der Stadt Leipzig bis 2019 stark erhöht hat, in den beiden darauffolgenden Jahren kam es aufgrund der Corona-Pandemie zu starken Einbrüchen der Zahlen. Gleiches wird auch bei der Anzahl der Übernachtungen sichtbar, die von 2102 bis 2019 einen Anstieg von 45,13% verzeichnen. Durch die Corona-Pandemie sind die Zahlen allerdings auf ca. 2 Mio. Übernachtungen im Jahre 2021 gesunken. Durch die Kartierung und einer Auswertung von Airbnb-Daten konnte man in Schleußig ca. 30 Übernachtungsmöglichkeiten feststellen. Bei der Befragung haben zwei Personen von 21 angegeben, aus touristischen Zwecken diesen Stadtteil zu besuchen. Wovon sich ein Wohnort der beiden Probanden in der Region Leipzig befindet, der andere außerhalb der Region Leipzig. Verglichen mit anderen Stadtteilen stechen hierbei nur die Daten von Plagwitz heraus, wo ca. 37.74% der Befragten angeben, sich derzeit aus touristischen Zwecken in diesem Stadtteil aufhalten. Ein weiterer Index für Attraktivität und Zentralität ist der Schaufensterindex (Spörri 2010, 16). Dieser beschreibt den Anteil der Schaufensterlänge an der Gebäudelänge und beträgt für den kartierten Bereich in Schleußig 0,218. Zum Vergleich beläuft sich der Wert für Südvorstadt auf 0,339. Somit könnte man ableiten, dass die Attraktivität Schleußigs hinter anderen Stadtteilen liegt. Allerdings gibt es Gemeinsamkeiten bezüglich der Entwicklung des Gastgewerbes zwischen den beiden Stadtvierteln. Der Anteil der Firmen des Gastgewerbes sank in Schleußig von 2012 (5,71%) auf 3,96% im Jahre 2021 ab. In Südvorstadt verzeichnete man einen noch stärkeren Rückgang in diesem Zeitraum, der sich von 8,02% auf 4,72% beläuft. Laut Bunge ist die positive Entwicklung von Übernachtungen und Ankünften ein wichtiges Indiz für den Ausbau des Tourismusmarketings einer Stadt, welches das Ziel der Förderung von Übernachtungen und Ankünften verfolgt (Bunge 2018, 232ff.). In Bezug auf Schleußig wird von der Bevölkerung keine grundsätzliche Veränderung hinsichtlich der Touristenzahl der letzten fünf Jahren wahrgenommen. Dementsprechend wird diese Entwicklung neutral bis positiv von der Bevölkerung wahrgenommen.
Bezüglich der Infrastruktur lässt sich durch die Befragung und Erzählungen anmerken, dass sich Schleußig in den letzten Jahren positiv entwickelt hat. Es sind gute öffentliche Verkehrsanbindungen gegeben und der Ausbau der Fahrradwege, vor allem in der Könneritzstraße, hat viel Anklang bei den Bewohnern gefunden.